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Category: Humor in Therapie und Beratung

Oder: Neue Tools für Berater

Schuld daran ist meine Mutter. Sie war es, die 1995 das Buch von Keith Johnstone einer DER Wegbereiter des Improvisationstheaters – geschenkt bekam. Sie war es auch, die dieses Buch 1997 endlich las, nachdem es zwei Jahre unberührt auf einem Tisch neben ihrem Bett gelegen hatte. Sie war es, die Keith Johnstone daraufhin sofort nach München holte und ein Seminar mit ihm organisierte. Und sie war es, die die ganze Familie – also auch mich – auf dieses Seminar schleppte. Seitdem bin ich süchtig, süchtig nach Impro und der Philosophie, die hinter dieser Theaterform steckt. Süchtig wie nach einer Droge. Eine Droge, die auf humorvolle Art und Weise mutig macht, so mutig, dass ich mich nicht nur seit Jahren auf die Bühne, sondern auch in die unterschiedlichsten Menschenansammlungen (Firmen, Schulen, etc.) traue und dort die Impro-Philosophie weitergebe.

Was ist Improviationstheater? Im Gegensatz zu einer normalen Theateraufführung sind beim Improvisationstheater keine Inhalte einstudiert. Im Zusammenspiel zwischen Publikum und Schauspielern entsteht auf der Bühne ein Potpourri aus improvisierten Geschichten – Geschichten, die es vorher noch nie gab und die es in dieser Form auch nie wieder auf einer Bühne geben wird.

Welche Prinzipien stecken hinter Impro? Gute Impro-Geschichten, d.h. gute Bühnen-Kommunikation, kann nur entstehen, wenn die Beteiligten die folgenden angstreduzierenden Punkte beachten:

1. Leben Sie die Lust am Scheitern:

Eine unserer größten Ängste ist die Angst davor, Fehler zu machen, v.a. in Situationen, in denen wir unter keinen Umständen versagen wollen (z.B. auf der Bühne, in Vorstellungsgesprächen, beim Halten einer Rede, in Gehaltsverhandlungen, beim Hauskauf oder auch bei der richtigen Partnerwahl). Da der Erfolgsdruck aber gerade in solchen Momenten extrem hoch ist, fahren wir genau dann den Karren mit großer Wahrscheinlichkeit an die Wand. Es sei denn, wir beherzigen die sog. Lust am Scheitern, d.h. wir sehen uns in der Lage, humorvoll mit unseren eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten umzugehen. Dann ist die Chance große, dass wir entspannt sind, weniger Fehler machen und wichtige Ereignisse im Leben mit Bravour meistern, NICHT nur einen Impro-Auftritt.

2. Spielen Sie mit Ihrem Status:

In Abwandlung von Watzlawicks berühmtem Satz Man kann nicht nicht kommunizieren, könnte man ergänzen Man kann nicht ohne Status kommunizieren. Denn sobald wir verbal oder nonverbal mit anderen Menschen in Beziehung treten, spielt, ob wir das wollen oder nicht, das Thema Status eine Rolle. Begegnen wir jemandem mit aufrechter Haltung oder leicht gebückt? Gibt uns ein anderer zur Begrüßung mit einem kräftigen oder leichten Händedruck die Hand? Schauen wir bei einem Gespräch jemandem in die Augen oder vermeiden wir jeglichen Blickkontakt? Spricht ein anderer laut oder leise mit uns? Wenn wir nicht in der Lage sind, uns aus einem bestimmten Status heraus zu bewegen, kriecht uns schnell die lähmende Angst den Nacken hinauf, sobald wir gezwungen werden, unseren bevorzugten Status zu verlassen. Aus dieser Angst-Sackgasse kommen wir nur heraus, wenn wir ein Gespür für Status entwickeln und lernen, mit verschiedenen Status-Ebenen zu spielen, NICHT nur auf der Bühne.

3. Bleiben Sie im Moment:

Eine weitere Angst, die uns immer wieder schüttelt, ist die Angst, die Kontrolle zu verlieren. In fast jeder Sekunde unseres Lebens befinden wir uns mental in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Ganz selten und nur, wenn wir uns bewußt darauf konzentrieren, sind wir sowohl körperlich als auch geistig in der Gegenwart und nehmen den jetzigen Augenblick tatsächlich wahr. Den Rest der Zeit sind wir damit beschäftigt, unseren Job und unser Privatleben zu planen und zu organisieren. Durch diese ewige Zeiten-Kontrolle kann es passieren, dass wir gelegentlich Dinge übersehen, die im Moment um uns herum geschehens, Dinge, die möglicherweise auch unsere Vergangenheit und Zukunft positiv beeinflussen könnten, NICHT nur im Rahmen einer Impro-Geschichte.

4. Inspirieren Sie andere:

Andere zu inspirieren, entspricht gewöhnlich nicht der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. Wir lernen schon sehr früh, die Mitspieler in unserem Leben als Konkurrenten zu betrachten, die man nicht inspirieren und gut dastehen lassen, sondern lieber ausstechen sollte. Denn sonst – so unsere Angst – könnten die Mitstreiter uns übertrumpfen und erfolgreicher werden als wir selbst. Wir wiegen uns in der Illusion, dass die Spitze ein Stück näher rückt, wenn wir uns verhalten wie Schweine. Dass wir durch dieses geringe Wohlwollen zu einsamen und ungeliebten Schweinen werden, übersehen wir geflissentlich, NICHT nur als Rampensau auf der Theater-Bühne.

Wie können Berater Impro einsetzen? Nur wenn Impro-Spieler die fünf beschriebenen Punkte berücksichtigen, wird die Bühne zu einem sicheren Ort, an dem sich die Akteure angstfrei bewegen und mit Lust Theater spielen. Die Folge ist, dass die Schauspieler risikofreudiger werden, dass ihre Kommunikation untereinander auf der Bühne fließt und dass kreative Geschichten wie von selbst entstehen. Techniken aus dem Improvisationstheater eignen sich deshalb hervorragend, um die Kommunikationsfähigkeit von – egal welchen – Menschen(gruppen) zu verbessern. Die Art und Weise, wie Improtechniken greifen ist dabei unkonventionell, da Seminarteilnehmer zwar auch auf der rationalen Ebene, aber insbesondere emotional erreicht werden können: Sie erfahren anhand von Improübungen am eigenen Leib die Lust am Scheitern, verschiedene Status-Ebenen und wie es ist, im Moment zu bleiben und ihre Kommunikationspartner mit Wohlwollen zu inspirieren. Neben dem eigenen Erleben bekommen die Teilnehmer mit den Impro-Übungen effektive Tools an die Hand, die sie sofort selbst weitergeben können.

Wenn Sie – geschützter Leser – in der glücklichen Lage sind, vor nichts und niemandem Angst zu haben, dann vergessen Sie alles, was sie gerade gelesen haben. Verbrennen Sie den Arikel, schmeißen Sie ihn in den Müll, oder schenken Sie ihn jemandem, der nicht schon so mutig ist wie Sie selbst. Ansonsten: Lassen Sie sich von der Kunst der Improvisation verführen und freuen Sie sich auf überraschende Wirkungen!

Dr. Charlotte Tracht

I believe that laughter is very good for your health; I laugh as much as I can; I construct situations in which not only I but those around me sink into shameless group laughter. I believe that laughter binds people in ways that nothing else can. I believe that humor and laughter have played decisive roles in our evolution from a band of cute, but humourless apes to the funny kind of people that we are and are becoming. I believe that an atmosphere of humor creates a substrate for mutual understanding in edgy situations where there might otherwise be only fear and aggression. I believe that the human brain perceives humor via modalities that are still mysterious to us and that it communicates humor as articulately as it communicates words. I believe in the power of humor and in its healing possibilities.

However, these are things that I believe, not things that I can prove. Evidence for these articles of faith is growing, but they are growing at a very slow and tedious pace. In the meantime I „act as though they are true in the face of lack of evidence for or against „

My mother, God bless her memory, would be so ashamed: her boy turned out to be a scientist. I’m not always sure about what I think I know, but I am fairly clear on what I do NOT know and one of the things that I do NOT know is that humor is good for health. I believe that it is; I go on the assumption that it is; I indulge in as much humorous activity as I can get away with. Nonetheless, I cannot say, as a medical scientist, that humor is good for your health. One of the most recent issues of the journal Humor (International Journal of Humor Research) is a very helpful collection of articles that vigorously supports my claim of global ignorance. We scientists thrive on ignorance it’s how we make our livings. Ignorance is to a scientist what an unknown land is to an explorer. We rejoice in lack of knowledge and for us, humor is like an unexplored planet.

I am very tolerant of those who make such claims as, „laughter induces the release of endorphins ( happiness hormones )“ because I know that not everyone has training as a scientist. As a scientist, however, I know that those who make such claims simply don t know what they are talking about because, for technical reasons, such measurements of endorphins (and their temporal relationships with humor/laughter) are currently as unattainable as measurements of the quality of drinking water on the planet Pluto.

Nonetheless, those who make such claims may be right; they probably are. Pluto may have good drinking water too but no one knows. No one can know. No one. As a scientist, I can claim with, oh, say, 98.7% certainty that most claims that „laughter is the best medicine“ or that „humor is good for our health“ cannot be substantiated by experimental evidence at the present time. Most of us think that laughter is probably good for your health, but we just do NOT know. The article that I mentioned above in the journal Humor backs me up.

At a time, however, in which the best cosmologists admit that they don t know where over 98% of the stuff of the universe even is, when the best biologists don t even know why we have to sleep, much less why we laugh there is no shame in knowing that we do not know lots of things about the universe in general and about the human condition in particular. It is, however, important that we scientists, from time to time, raise our ugly heads and announce our rigor-bound ignorance in no uncertain terms otherwise we cannot obtain the resources that we need to further our various research projects (bright, curious people, money, good joke books ). If most people think that it is has „long since been shown“ that „laughter releases endorphins“, then it is hard to drum up money for doing a serious project on the subject. This is particularly unfortunate when one considers that such a project would indeed be an interesting one, but one that would be very expensive – given the present state of the art of measuring endorphins in blood and tissues.

For those interested in humor there is room for all of us: prophets, clowns, scientists, etc. Each of us has her/his own role and many of our roles overlap. Nonetheless, as the poet Robert Frost said in his famous poem, „Mending Walls“: „good fences make good neighbors.“ If we in the humor community are to be good neighbors, we must be aware of each others fences. For us humor-scientists, it would be helpful if „humor-prophets“ checked the basic scientific literature before making claims about „effects of humor“. If the claims that they want to make have not been published in first-class, peer reviewed journals, then the prophets should still, of course, make their claims: that s why they are prophets. That s what prophets do: they make claims. They may be able to see things before the rest of us see them and that s a very valuable function. They can generate projects for us stick-in-the-mud scientists to study. But rather than saying, „It has been shown scientifically that .“, they might say something like, „it would be interesting if scientists would investigate .“ or, when appropriate, „scientists are currently examining the hypothesis that .“

In the meantime, the hard and fast reality is that the notion that „laughter is good for you .“ is as scientifically unfounded as is the claim that „sex is good for you“. It s up to each of us to decide how to act in the face of these areas of abysmal empirical ignorance.

Das Lachen und der Humor sind mit die ältesten Heilmittel der Welt. Bereits seit Jahrtausenden gehören sie als fester Bestandteil jeglicher Therapie aller Kultur- und Naturvölker.
Ein Stammesältester der Aboriginees sagte einmal dazu: Der Humor ist so wichtig für unser Wohlbefinden, daß du nie schlafen gehen solltest, bevor du nicht während des Tages irgendwann gelacht oder Freude empfunden hast. Falls nicht, so steh wieder auf und suche etwas, worüber du lachen und glücklich sein kannst.
Der Glaube an die Heilkraft des Lachens herrschte in Europa bis ins späte 19. Jahrhundert vor. So schreibt ein Arzt im Mittelalter: Der Patient sollte alle Sorge und Traurigkeit vermeiden. Bereite ihm Freude und Vergnügen mit all der Hilfe, die er schützt. Henri de Mondeville, ein Chirurg des 13. Jahrhunderts, stellte fest, daß Lachen eine schnellere Rekonvaleszenz nach Operationen herbeiführte. Voltaire schrieb, daß die Medizin den Patienten in heiterer Stimmung halten solle, während die Natur ihn heilt.

Im Zuge der Industrialisierung, der Entwicklung der Schulmedizin und dem Bedeutungszuwachs der Wissenschaft ging dieses Wissen und das Interesse daran weitgehend verloren. Erst in den 70iger Jahren unseres Jahrhunderts besann man sich wieder auf die heilsame Wirkung des Lachens und mittlerweile gibt es dafür sogar einen eigenen Wissenschaftszweig, die Gelotologie (Wissenschaft des Lachens).
Inzwischen ist es für viele Länder der Welt selbstverständlich, Humor als festen Bestandteil der Kommunikations- sowie der Therapienmethoden sowohl in den medizinischen als auch den unternehmerischen Alltag zu integrieren. In England zahlen seit Mai 1999 die Krankenkassen diese Heilform, Italiens Krankenkassen finanzieren Humortherapie seit Juni 2000 und im Jahre 2001 haben sich auch Frankreich, Belgien und die Niederlande angeschlossen.
Humor und Lachen sind in der Lage, über die körpereigene Glückshormon-Produktion, der Endomorphine, die Streßhormone (wie Cortisol, Adrenalin und Wachstumshormon) im Blut zu senken und die Bildung von immunstärkenden Zellen anzuregen, somit also das Immunsystem zu stärken.
Lachen bewirkt eine Entspannung der Muskulatur und des vegetativen Nervensystems. Es ist somit eine wunderbare Ergänzung zum autogenen Training.

Darüber hinaus wird durch Lachen das Schmerzempfinden herabgesetzt. Schmerz wird so als weniger belastend empfunden und kann, zumindest für eine Weile, in den Hintergrund treten. Groucho Marx, ein berühmter Komiker der Marx-Brothers, sagte dazu einmal; Lachen ist wie ein Aspirin, es wirkt nur doppelt so schnell .
Lachen kräftigt den Herzmuskel und ist auch in der Lage, einen erhöhten Blutdruck zu senken. Im August 2001 ist eine große Studie der Universität Maryland (USA) veröffentlicht worden (300 untersuchte Menschen insgesamt, 150 nach Herzinfarkt, 150 Herzgesunde), aus der hervorgeht, daß Lachen und eine humorvolle Lebenseinstellung die Innenwände der Blutgefäße schützt und somit auch Herzinfarkte verhindern hilft. Ebenso normalisiert sich nach einem herzhaften Lachen der Atemrhythmus.

Neueste Studien haben gezeigt, daß Lachen über eine Verbesserung der Durchblutung auch Knochen, Sehnen und Bänder stärkt.
Humor fördert die Kreativität und entschärft Konflikte. Humor reduziert Angst und sorgt gleichzeitig für eine höhere Anzahl von guten Ideen. Wir alle wissen: kreative Lösungen können nur in einer angstfreien Atmosphäre gefunden werden. Durch Humor und Lachen wird Streß abgebaut, es entsteht eine größere innere Gelassenheit, kreative Lösungen entwickeln sich fast von allein. Der Erfolg ist hier praktisch schon vorprogrammiert.

Was bewirkt der Humor sonst noch?

Humor läßt auch Nichterreichbares und Scheitern annehmbarer erscheinen, Humor fördert den Mut und die Entschlossenheit, Humor erleichtert und fördert die Kommunikation, Humor fördert die Teamfähigkeit und die Gleichwertigkeit, Humor stärkt die Motivation, Und: Humor macht das Leben, auch in Unternehmen menschlicher.
Eine heute immer noch weitverbreitete Meinung, gerade in deutschen Unternehmen und gerade auch in den Führungsebenen, ist die, daß Lachen und humorvolles Miteinander unseriös sei. Wer seine Arbeit mit Freude, Spaß, Humor und vielleicht sogar mit einem Lachen verrichtet, dem wird oftmals unterstellt, er würde seine Aufgaben nicht ernst genug nehmen. Und häufig wird Lachen in deutschen Betrieben gerade deshalb sogar untersagt.
Dabei weiß man heute – zahlreiche Studien haben dies inzwischen sogar wissenschaftlich belegt, daß Humor und Lachen die Fähigkeit fördert, eigene Ressourcen zu erkennen und zu leben und sie darüber hinaus auch im anderen zu sehen. Die Folge ist ein konstruktives Miteinander, bei dem jeder den anderen achtet und respektiert. Teambildung und Teamförderung sind hiermit leichter selbstverständlich.
Weiterhin fördert die humorvolle Grundhaltung die wunderbare Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können. Und: im Lachen und im humorvollen Umgang miteinander lösen sich, zumindest für eine kurze Zeit, Hierarchieebenen auf. Wer allerdings um seine Macht oder seine Autorität fürchtet, wird Humor zu verhindern wissen.

Lachen fördert über die Mobilisierung von Fähigkeiten die Leistung und damit den Erfolg eines jeden Einzelnen und somit natürlich langfristig auch den Erfolg der Unternehmen insgesamt. Es ist erwiesen, daß heitere und fröhliche Menschen nicht nur als sympathisch und kompetent wahrgenommen werden, sie fühlen sich auch in der Tat wohler. Sie sehen ihre Arbeit als Herausforderung an und erledigen ihre Aufgaben schneller als miesepetrige Menschen.
Einen Haken hat die ganze Sache allerdings: humorvolle Menschen sind immer auch ein wenig schräg. Sie zeichnen sich zwar durch Optimismus aus, sind dafür aber auch unangepaßter und weniger pflegeleicht. Sie haben eine eigene Meinung und stehen zu sich und ihren Fähigkeiten. Wer also als Vorgesetzte den Humor fördert, ermutigt gleichzeitig zur Selbständigkeit und zum Verrücktsein.
Manager und Chefs, die Lachen und Humor zulassen, erleichtern die Kommunikation, fördern die Offenheit und schaffen eine gute Voraussetzung für Problemlösungen. Schließlich gibt es wohl kein Problem, keinen Konflikt, das/der nicht auch eine komische Seite hat. Zudem, öffnet man sich den ulkigen, absurden Aspekten des Problems, erlangt man eine größere Distanz zur Sache.
Ein Mittel, Humor und Lachen zu den Menschen zu bringen, ist die Einbeziehung von Clowns oder Humortherapeuten.

Clowns können mittlerweile auf eine Jahrtausende währende Geschichte zurückblicken. So galt und gilt noch bis zum heutigen Tag der Clown in vielen Kulturen der Welt als Stammesheiliger, da er in der Lage ist, Heiterkeit und Lachen zu verbreiten. Er hatte und hat noch immer seinen festen Platz bei vielen nord- und südamerikanischen Indianerstämmen (z.B. den Navajo, den Sioux, den Hopi, den Cheyenne, um nur einige zu nennen), bei der Bevölkerung der Südsee, den australischen Aboriginees und den neuseeländischen Maori, in Tibet, Sri Lanka, Afrika. Und sogar die Kelten, unsere Vorfahren, kannten und liebten Clowns.
Der Clown war und ist vielfach noch bis heute bei den Naturvölkern dafür zuständig, in Notzeiten (z.B. Hungersnöten, Verlassen alter und Finden neuer Jagdgründe) das Volk in guter Stimmung zu halten oder auch starre soziale, religiöse oder kulturelle Rituale humorvoll zu stören und zu durchbrechen. Dieselbe Funktion hatte er im Rahmen heiliger Kultorgien auch im alten Ägypten, im antiken Griechenland und im alten Rom. Und sogar im frühen Mittelalter stärten Spaßmacher (oftmals selbst Priester) in Kirchen die Gottesdienste.

Die wesentliche Funktion des Clowns bestand bei allen Kulturen darin, das Heilige, das Unberührbare, die Tabus anzutasten; der Absolutheit von Religionen und der Macht der Götter und der Politik entgegenzuwirken.
Der Clown durfte diese wunderbaren Störungen so lange fortsetzen, bis im Mittelalter die Kirchenfürsten dieses Treiben verboten. Bis in unsere Zeit erhalten hat sich davon als Fragment unser Karneval/Fasching.
Seine später bisweilen lebensgefährliche Karriere verfolgte der Clown als Hofnarr und endete hierbei oftmals etwas kopflos. Er diente weiterhin als Gaukler und landete im späten 19. Jahrhundert als dummer August im Circus.
Der Clown war und ist oftmals bis heute in vielen Völkern der Welt Medizinmann und Spaßmacher in einer Person, der, der die tiefere Wahrheit repräsentiert.
Er galt und gilt als Heiler, da das Lachen zur Gesundung beiträgt und die Traurigkeit vertreibt. Der Clown hat z.B. in der Deutung der Indianer jede Angst überwunden vor Schuld, Schmerzen, Krankheit und Tod. Er ist derjenige, der die Menschen aus dem Dunkel der Erde ans Licht der Sonne führt. Mit seinem Lachen kann er dabei Krankheit und Sorgen vertreiben. Er vermag das Übel bei der Wurzel zu packen, in dem er sein Gegenüber mit seiner Sorglosigkeit ansteckt und Leben und Farbe in dessen Alltag von Routine und Konformität bringt.

Clowns kennen und schützen ihre eigenen Fähigkeiten und sind in der Lage, diese Ressourcen auch im Gegenüber zu entdecken, anzuregen und zu fördern.
Der Clown verkörpert und repräsentiert stets eine andere Sicht der Dinge. Er durchbricht anerkannte Regeln und Normen, in dem er sie mit einem Lachen ad absurdum führt. Er ist der Gegenteiler , der liebevoll und immer neugierig über Grenzen geht.
Er ist das intakte heitere Kind, das sich immer wieder wundern kann über das Alltägliche. Er kennt keine Zukunft und keine Vergangenheit – er kennt nur das Jetzt. Und in diesem völlig unbekannten Jetzt ist alles so furchtbar neu und gilt, mit unbändiger Lebensfreude entdeckt und bestaunt zu werden.
Der Clown übertreibt gerne – aus Spaß und reiner Freude heraus. Er spiegelt gerne auf liebe- und respektvolle Weise, was er sieht und erlebt und schafft es so, daß auch andere von ihm lernen können, wenn sie es nur wollen.
Und wenn er auch das eine oder andere Mal stolpert und scheinbar scheitert, so gibt er doch niemals auf. Er findet immer eine Lösung, und sei sie auch noch so grotesk und absurd – und genau das macht anderen Mut. Gegen Sorge und Ungewißheit setzen Clowns die Gewißheit des Lachens.

Dr. med. Petra Klapps,
Ärztin für Neurologie, Psychotherapeutin, Kommunikations-Trainerin, Pantomime und Clown.

Therapeutisches Clownspiel für Menschen, die spielend neue Schritte wagen

Einfach Sein?!

Täglich betreten wir die Lebensbühne mit den unterschiedlichen Rollen, die wir je nach Situation spielen, z.B.

bei einer Einladung zu Freunden, im Gespräch mit Vorgesetzten und Kollegen oder auch in der Begegnung mit unserem Partner.

Und dabei wollen wir einiges von uns verbergen: Gefühle der Unsicherheit, Unterlegenheit, Wut, Eifersucht, Peinlichkeit, Angst, aber sogar auch der Freude, Selbstsicherheit und Stärke.

Wann sind wir authentisch? Wann überhaupt haben wir den Mut zum „Einfach Sein“, ohne uns und andere zu bewerten?

Der Clown braucht keinen Mut zum Sein. Er akzeptiert sich ohne Einschränkung, stellt sich niemals in Frage.

Er ist wie er ist und das bereitet ihm große Freude. Er kennt weder Verhaltensregeln noch Schuldgefühle: Während alle einem Vortrag lauschen, singt er begeistert sein Lieblingslied.
Seine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Leben im Hier und Jetzt, Sorgen über gestern, heute oder morgen sind ihm unbekannt. Sein So-Sein genießt er mit allen Facetten seiner Persönlichkeit. Der Clown ist frei von Bewertungs- und Vergleichszwängen, er muss sich nicht über andere stellen, macht sich selbst aber auch nicht klein.

Jedem Menschen ist dieses heilende Clownwesen inne. Oftmals jedoch ist der Zugang zum Licht als der ureigenen Sonne über die Jahre verschüttet worden.

Viele Patienten, die an meinen Kursen teilnehmen, empfinden schon seit langem keine echte Freude mehr, können nur selten herzlich (im Wortsinn!) lachen und haben wenig Kontakt zu ihrer innewohnenden Lebensenergie.

Spielerisch eine Verbindung zum unversehrten Ich wieder herzustellen, ist das zentrale Anliegen meiner Arbeit.

Clownspiel in der psychosomatischen Klinik

Im geschützten Theater-Spielraum können die bis zu 16 Patienten während der Kurszeit von 4-5 Stunden mit verschiedenen Verhaltensweisen experimentieren.

Beim Clownspiel entwickeln sie den Mut, Seiten von sich zu zeigen, die sie im Leben oft verstecken. Sie erlauben es sich, eingebildet, wütend, verlegen, albern, neugierig, begeistert, unbeholfen oder vergesslich zu sein.

Sie spielen damit, sich nicht an vorgeschriebene Regeln zu halten, und stellen fest, es macht ja sogar Spaß, Konventionen über Bord zu werfen! Sie erleben die stärkende Wirkung des Lachens, können ungezwungen Kontakt zu den anderen aufnehmen und dabei ihre kindlich-spielerischen Seiten wiederentdecken. Sie empfinden Freude und Energie, aus dem Körper heraus zu spielen und genießen es, sich ohne Erwartungen und Bewertungen im Spiel auszudrücken. Das Spiel mit dem eigenen Clownwesen ermöglicht es den Patienten in besonderer Weise, das „Einfach-Sein“ zu erleben. Viele Menschen haben Angst, die Kontrolle zu verlieren und ihre Gefühle zu zeigen. Im Clownspiel können sie ihren Gefühlen wieder begegnen, indem sie diese mit ihrem Körper und ihrer Mimik zum Ausdruck bringen.

Zwei Beispiele aus der Praxis:

Die „Clowns“ erhalten die Aufgabe, sich zur Musik zunächst frei im Raum zu bewegen und dabei ihren Clown kennen zu lernen. Nach und nach nehmen sie (nonverbal) Kontakt zu anderen Clowns auf und entscheiden sich schließlich für einen Partner, mit dem sie in den nächsten Minuten Blickkontakt halten, wo auch immer im Raum sie sich gerade befinden. Die Patienten experimentieren dabei mit verschiedenen Anteilen von sich, mal sind sie schüchtern und ängstlich, dann wieder mutig und kontaktfreudig. Sie zeigen dem Partner zum Beispiel eine wunderbare Entdeckung -die Taschen ihrer Hose lassen sich nach außen stülpen! -, woraus sich anschließend eine kleine gemeinsame Spielsequenz entwickelt.

Manchmal beantworten sie das Angebot des Gegenübers auch nicht, sondern ziehen sich für Momente in sich selbst zurück, bis sie wieder einem Impuls zur Kontaktaufnahme folgen. Bei diesen Improvisationen entstehen wunderschöne poetische und authentische Geschichten, die die Patienten erstaunen und berühren.

Ein weiteres Beispiel:

Eine Patientin bat mich einmal, eine andere Musik zu spielen, da ihr die laufende nicht gefiele.

Ich ermutigte sie, genau dieses Missfallen in der Figur ihrer Clownin zu zeigen, um erleben zu können, wie sie mit dieser Empfindung umgeht und welche Wirkung dies auf sie hat.

Die Patientin fand beim Tanzen die Lösung: Sie bzw. ihre Clownin umwickelte die Lautsprecherboxen mit Tächern und Decken. Die Energie der Ablehnung musste nun nicht blockierend im Körper stecken bleiben, sondern konnte sich im Spiel kreativ entfalten und dadurch wandeln. In der Bewegung des Körpers entstand eine weich-fließende Dynamik und im Kontakt mit den anderen Patienten ein neues Spiel. Ihre Gedankenketten „Wenn alle die Musik gut finden, dann ist sie vielleicht doch nicht so übel, nein sie gefällt mir wirklich nicht, na ja, ist ja auch nicht so wichtig, doch, ich trau mich jetzt, das zu sagen, obwohl…“ waren in dem Moment unterbrochen, als sie sich die Erlaubnis gab, diese Empfindung nicht weiter zu bewerten, sondern „einfach“ als Clownin darzustellen. (Wie schwierig ist jedoch das Einfach-Sein!) Im Nein zu moralischen Zwängen eine tiefe innere Freude wahrzunehmen, zuzulassen und zu zeigen, war für diese Patientin eine sehr beglückende, neue Erfahrung.

Besonders im therapeutischen Rahmen erhalten die als „negativ“ bewerteten Gefühle ihren Raum und somit auch im Clownspiel in der psychosomatischen Klinik. Wenn mein Clown – also ich selbst – im Moment keine Lust zur Bewegung verspürt, dann zeige ich genau das, selbst wenn die anderen begeistert tanzen. Ich setze mich hin, beschäftige mich vielleicht mit meinen Schuhen und winke ab und zu den Clowns zu. Ich erlebe es als äußerst wohltuend, den anderen dabei ihre Freude zugestehen ebenso wie mich selbst lassen zu können. Da ich nun nicht mehr unter dem Druck stehe, etwas tun zu müssen, das mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht entspricht, entsteht keine Aggression mir selbst bzw. den anderen gegenüber, die dieses vermeintlich von mir verlangen. Das wirkt sehr befreiend, weil in dieser Form des Nein eine Leichtigkeit mitschwingt wie sie sonst nur in einem stimmigen Ja erfahrbar ist. Das Nein des Clown ist niemals destruktiv, es immer ein Ja zu sich selbst und zu den anderen, wie alles beim Clown voller Seinsfreude, Leichtigkeit und Lebendigkeit ist. Die innere Freiheit des Clown wird durch seine absolute Präsenz und Authentizität im Spiel sichtbar. Lassen sich die Patienten auf ihre Authentizität ein, indem sie sich dem Spiel ihres Clown hingeben – und sei es auch nur für wenige Augenblicke -, dann sind sie tief im Innersten bewegt, ganz und gar mit sich identisch.

So paradox es klingt: Die kleinste Maske der Welt ermutigt die Patienten, sich unmaskiert zu zeigen. Einerseits ermöglicht die Figur des Clown aufgrund der Nase eine gewisse Distanz zu sich selbst, andererseits kann gerade dadurch der (körperorientierte) Zugang zu verdrängten, abgewehrten und abgewerteten Gefühlen wieder hergestellt werden.

Welch ein Geschenk ist es, unser eigenes Clownwesen zu ent-decken, indem wir es zum Leben erwecken!

Uta Wedemeyer