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Humorglosse Nr. 13

Autoren: Katharina Danninger

Ein verhexter Tag

Montagmorgen: Ein Hundebesitzer lässt seinen Pudel ohne Aufsicht in die Straße laufen, ich bremse quietschend mein Auto ab und halte geschockt das Lenkrad umklammert. Ich sehe im Rückspiegel zwei weit aufgerissene Augen und bemerke ein starkes Zittern in den Beinen. Noch bevor ich erleichtert aufatmen kann, zeigt mir der herbeigeeilte Hundebesitzer einen Vogel, nimmt das risikobereite Knäuel auf den Arm und zieht kopfschüttelnd von dannen. Der Hundekopf dreht sich in meine Richtung und schaut mich mit vorwurfsvollen Augen an. Wenn er körperlich in der Lage wäre, mir ebenfalls einen Vogel zu zeigen – er würde es tun – glauben Sie mir! Ich warte noch einen Moment ab, bis ich mich wieder gefangen habe und mache mich dann auf den Weg zur Arbeit.

Am Parkplatz meiner Arbeitsstätte angekommen finde ich keinen einzigen freien Platz mehr vor. Wie verhext: heute parken zahlreiche Kollegen über den magischen Parkplatzbegrenzungslinien und am Ende der Reihe bleibt genau noch ein halber Parkplatz übrig. Ich quetsche mit 2 Reifen auf den Grünstreifen, steige mühevoll rechts aus dem schräg hängenden Auto aus, währenddessen ich mit der immer wieder zufallenden Tür kämpfe.

Geschafft! (Dass ich mir soeben eine fette Laufmasche in die neue Strumpfhose gerissen habe, bemerke ich erst später.) Beim Aufsperren der Bürotüre höre ich schon das erbarmungslose Läuten des Telefons. Natürlich fällt mir der Schlüssel heute mehrmals aus der Hand. Rrrrrrrrring, Rrrrrrrrring – der Ton schwillt zu einem bedrohlichen Geräusch an – es muss wohl sehr dringend sein.

Ich frage mich, was das denn für ein Tag sein soll. Ist es so ein Tag, an dem man besser im Bett geblieben wäre? Ich hechte zum Telefon – es hört natürlich in dieser Sekunde auf zu läuten. Dafür klopft eine Kollegin an die Tür und fragt mich, ob ich den Projektplan für das Meeting schon ausgedruckt hätte. Meeting? Wann? , frage ich sie staunend. In 15 Minuten , meint sie. Ihr Blick kommt mir heute vorwurfsvoll vor. Ich schaffe das! , sage ich mehr zu meiner Ermunterung als der Ihren und starte den PC. Mittlerweile erwarte ich schon das Unheil: bestimmt ist der Projektplan nicht zu öffnen, nicht zu finden, nicht zu bearbeiten. Aber nein! Gefunden, geöffnet und geschwind ausgedr nein Cyan muss am Drucker ausgewechselt werden. Das hat er letzte Woche auch schon bemerkt. Mensch mach doch einfach , flehe ich den Drucker an. Er macht – ohne Cyan – halt. Egal, auf die Inhalte kommt es schließlich an. Auf dem Weg zum Besprechungsraum macht mich eine Kollegin auf meine sehr eigenwillige Laufmasche aufmerksam, die sich über die ganze Länge des letzten Beines ausgebreitet hat. Das trägt man jetzt so , entgegne ich ihr und beschließe, einfach nicht runterzusehen.

In der Mittagspause komme ich zum Durchatmen und frage mich ernsthaft, was aus diesem verhexten Tag noch werden kann. Dieser Tag ist nur mit Humor zu bewältigen, denke ich bei mir. Ich besorge mir im nahegelegenen Lebensmittelladen ein Mittagessen. An der Theke der Metzgerei angekommen werde ich gefragt: Was soll s denn heute sein? Ich antworte: Ein japanisches Krokodilschnitzel mit Sauerrahm oder Pudel in Aspik.

Die Verkäuferin erkennt scheinbar in dem Moment meine verzweifelte Humor-Lage antwortet prompt: Pudel würde ich nicht empfehlen – zäh wie Leder und japanisches Kroko ist schlecht für die Ökobilanz! Ich könnte ihnen heimische Pute anbieten oder eine Käsesemmel. Ich entscheide mich für Käse und danke ihr ganz herzlich für die gute Beratung. Wir lachen.

An der Kasse angekommen, finde ich eine missmutige Kassiererin vor. Ich beschließe, ihr ein Lächeln zu ermöglichen. Wenn keines kommt, dann muss ich halt dafür sorgen, denke ich mir. Sie schaut mich nicht an, während sie kassiert. Gelangweilt stützt sie den Ellenbogen auf das Laufband auf, hält die Hand auf und sagt: Zwei siebzig . Ich warte. Irgendwann muss sie mich anschauen. Sehr gerne , sage ich, drücke ihr das Geld in die Hand und lächle sie an. Sie stutzt, deutet ein leichtes Lächeln an, legt das Geld in die Kasse. Sie sagt auf Wiedersehen, ohne Blickkontakt. Vielen Dank, sage ich! Ich wünsche Ihnen auch einen wunderschönen Tag.

Da blickt sie auf und lächelt. Ich frage sie, wann sie das Pudelfilet in Aspik wieder reinbekämen. Montag Nachmittag und Freitag kommt das Fleisch , entgegnet sie und schaut mich verwundert an. In dieser Sekunde sehe ich, wie eine Frau draußen vor der Glastüre ihren Pudel anbindet. Ich muss lachen. Das ist doch der Hund von heute morgen. Nur ist es diesmal Frauchen und nicht Herrchen, das da zum Einkaufen kommt. Ich gehe vorbei zum Hund, streichle ihm über den Kopf, flüstere ihm genüsslich das Wort Pudelschnitzel zu. Er knurrt mich an. Frauchen rügt den Hund mit den Worten: Aus! Kriemhild – das macht man nicht. Ich lächle und entgegne ihr: Kein Problem! Sagen Sie Ihrem Mann einen schönen Gruß. Die kaputten Seidenstrümpfe in Cyan zahlt der Hund!

Katharina Danninger

Anmerkung: An verhexten Tagen kann es hilfreich sein, sich auf die komische Seite zu begeben und das Leben mit der humorvollen Brille zu betrachten. Machen Sie was aus dem Tag – auch wenn er tragisch ist!

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