Bissiness, Humor im Business
„Es ist schlimm, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem es keinen Humor gibt. Aber noch schlimmer ist es, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem man Humor braucht.“ Dieses ein wenig veränderte Zitat von Bertolt Brecht könnte zum Irrtum verleiten, man beschäftige sich in den Unternehmen besser nicht mit dem Humor. Umgekehrt lässt sich aus dem Brechtzitat folgern: Es ist schön in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem es Humor gibt. Und noch schöner ist es, wenn dieser Humor der Unternehmenskultur entspringt. So könnten Unternehmen, die sich dem Humor zuwenden, nach außen deutlich zeigen, wie positiv die Atmosphäre und wie hoffnungsvoll-optimistisch die Zukunft des Unternehmens ist.
Wo lediglich durch einige „lustige“ Veranstaltungen oder dem einzelnen Auftritt eines Clowns bei der Betriebsversammlung Humorimport betrieben wird, kann es nur schlimmer werden. Humor lässt sich nicht verordnen und auch nicht importieren. Wahrscheinlich ist es ebenso wie beim einzelnen Menschen auch. Der Lachforscher Willibald Ruch geht davon aus, dass Humor bzw. Heiterkeit eine angeborene Persönlichkeitseigenschaft ist. Und für Unternehmen dürfte dies in ähnlicher Weise gelten. Wo die Unternehmenskultur keine Heiterkeit zulässt, da helfen auch keine Humorprogramme. Allerdings sieht die Wirklichkeit nicht so eindeutig aus. So wie die Veranlagung zum Humor kein entweder oder ist, sondern ein mehr oder weniger, da kann auch ein Unternehmen für sich feststellen, wo Humorkapazitäten frei sind. Willibald Ruch hat in seinen Forschungen auch herausgefunden, dass die Umgebung einen großen Einfluss auf die Heiterkeit hat. Und vor allem hier haben die Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten. Die Erfahrungen in der Humorberatung zeigen immer wieder, dass in den Unternehmen nicht nur schlecht gelaunte Mitarbeiter herumsitzen. Vielmehr gibt es gewisse „Verbote“, die das Lachen und den Humor unterdrücken. Und das macht die Komplexität des Themas Humor aus, wovon da eigentlich die Rede ist, das bleibt häufig im Unklaren: Geht es um Optimismus, um positives Denken, um Heiterkeit, um Witz, ums Lustigsein oder um Spaß?
Um nun gleich der Frage zuvorzukommen, „Was bringt der Humor im Business?“ hier eine erste Antwort: Humor fördert vor allem ein positives Betriebsklima und eine optimistische Einstellung zu der eigenen Arbeit sowie dem Erfolg des Bemühens. Es ist leicht nachvollziehbar, dass Mitarbeiter aufgrund einer positiven Atmosphäre im Unternehmen lieber zur Arbeit kommen und sich ihren Kollegen gegenüber mehr verpflichtet fühlen. Wenn man bedenkt, dass tatsächlich ein sehr großer Teil der Lebenszeit mit der Erwerbsarbeit ausgefüllt ist und dass man mit seinen Arbeitskollegen oft zeitlich mehr und enger zusammen ist als mit Freunden, der Familie usw., dann ist es eigentlich selbstverständlich, dass der Mensch das Bedürfnis hat, diese Zeit auch positiv zu füllen. Glaubt man den gängigen Umfragen über den Krankenstand und seine Gründe, so kann man davon ausgehen, dass ein schlechtes Klima zu etwa 74 % die Krankmeldung verursacht oder veranlasst. Ein positives Klima ist immer daran abzulesen, dass gelacht wird, dass Scherze gemacht werden können und auf diese Weise auch Kritik geäußert wird. Ein humorvolles Klima ist daher deutlich von einem „ach wie ist es schön hier“ abzugrenzen, denn Humor ist nicht nur schön. In einer humorvollen Umgebung sagt man sich eher die Meinung. Es tut zwar weh, aber man lacht noch drüber. Wird eine Kritik jedoch zurück gehalten, knallt es irgendwann oder die Dynamik hat sich so verfestigt, dass die Krankheit in den Strukturen sitzt. Mit einem Satz von Albert Camus lässt sich dass vielleicht deutlich formulieren: „Die Fantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.“
Bei Führungskräften und in den Unternehmensstrategien hat es der Humor jedoch schwer. Zwar sind Manager keineswegs humorlos, wie oft behauptet wird, doch widerspricht es den meisten Firmenstrategien auch nach außen hin als humorvoll zu gelten. Schnell könnte dies zu einem Verriss werden. Ein Unternehmen, das freimütig bekannt geben würde „Wir führen Humortrainings- und beratung ein“ muss damit rechnen, dass Außenstehende denken, dieses Unternehmen braucht wohl den Humor, denen scheint es ja schlecht zu gehen, denen hilft wohl nur noch der Humor. Und je nach Branche wird befürchtet, dass ein seriöses Unternehmen mit dem Bekenntnis zum Humor seine Glaubwürdigkeit und damit das seriöse Image verliert. Oft bringen dann die Kritiker vor, in Amerika wäre ja alles ganz anders, dort wäre die Humorberatung fest etabliert. Das Schauen auf Amerika erbringt für die deutschen Unternehmen allerdings keinen Fortschritt. Denn bei genauer Betrachtung stellt sich oft heraus, dass die Amerikaner häufig etwas ganz anders meinen als die Deutschen. So ist schon der Begriff Humor im Deutschen anders geprägt als im Englischen. Und wer möchte schon das Lachen zur Pflicht machen, wie es die Supermarktkette safeway in ihren Arbeitsverträgen festschreibt. Im Deutschen bietet es sich an von Heiterkeit zu sprechen. Heiterkeit wiederum enthält Assoziationen zu den philosophischen Wurzeln der Lebenskunst. Und damit gibt es vielleicht eine eigene Form der humorvollen Unternehmenskultur in Deutschland.
Die Frage ist nun, wie geht das mit dem Humor? Wie kann man das Aufkommen des Humors im Business beurteilen? Und wie können Führungskräfte den Humor einsetzen? Das Geschäft ist hart, die Zeiten sind kritisch und eigentlich sind die wenigsten zum Lachen aufgelegt. Kostenreduktion, Fusionen, ein starker Verdrängungswettbewerb führen eher zu einer Angst vor Arbeitsplatzverlust als zur Freude an der Arbeit. Umso mehr müssen sich Unternehmer fragen, wie sie ihre Mitarbeiter bei Laune halten. Witz und Humor sind da sowohl ein wichtiger Indikator für eine gute Atmosphäre wie auch Stimmungsmacher.
Dagegen wurde jahrelang in der Berater- und Trainerbranche die Konjunktur der weichen Faktoren betrieben. Damit ist jetzt Schluss. Es wird Zeit zum Biss. Der Managementberater Fredmund Malik kommt in seinem Buch „Führen Leisten Leben“ zu dem Schluss: Ein Manager ist in der Vorstellung vieler Menschen ein Universalgenie, denn bisher wurde die Frage gestellt, welche Persönlichkeit eine Führungskraft hat oder ist. Malik möchte die Perspektive verändern und fragt: „Was ist eine wirksame Führungskraft?“ Mit dieser Fragestellung ergibt sich eine Entlastung sowohl für die Führungskräfte als auch für die Mitarbeiter. Denn es geht nicht darum, auf die Persönlichkeit Einfluss zu nehmen oder mit Hilfe z. B. von Coaching die eigene Psyche zu verändern, sondern sachlich und objektiv zu ergründen, wie eine Führungskraft zielorientiert wirksam sein kann. Gleichzeitig rückt Malik die Aufgabe von Führungskräften deutlicher in den Mittelpunkt. So kann bei Entscheidungen die ultima ratio nicht eine Mehrheitsentscheidung sein, vielmehr gilt es deutlich zu unterscheiden, wer zu handeln hat. Der amerikanische Präsident Harry Truman formulierte dies so: „I will have to make the decision, and I will take as many of your opinions as possible into consideration. But it is my job to make the decision and I will let you know what it is.“
Folgt man dieser Auffassung von Malik, so ergeben sich für eine Führungskraft vor allem drei Anforderungen: 1. Die Führungskraft braucht eine innere Distanz zu sich und den Mitarbeitern. 2. Die Führungskraft muss sich mit der Möglichkeit des Scheiterns auseinander setzen. 3. Die Führungskraft sieht sich als Vorbild, durch das eine Orientierung vermittelt wird. Wer nun die Führungskräfte betrachtet, die diese Anforderungen erfüllen, wird feststellen, dass solche Menschen sich von anderen unter anderem durch ihren Humor und ihre Ironie unterscheiden. Denn mit Humor und Ironie lassen sich eindeutig und klar die Dinge sagen und gleichzeitig das Menschlich-Versöhnliche mitteilen: Man sagt etwas mit Biss und der andere weiß, dass er nicht wirklich gebissen wird. Die Botschaft ist der Humor und nicht die humorvolle Bemerkung.
Doch nicht nur die Führungskräfte in ihrer Art sorgen für den Humor. Ein Unternehmen, das sich z. B. die Institution eines Hofnarren erlaubt, beweist sehr eindeutig die Humorbereitschaft. Wüthrich/Winter/Müller erläutern in ihrem Buch „Die Rückkehr des Hofnarren“ zumindest theoretisch anschaulich, welche Bedeutung der Hofnarr für die Reflexionskultur sowohl des Vorgesetzten als auch des Unternehmens hat. Getreu dem Satz von William James „Viele Menschen glauben, sie würden denken, während sie in Wirklichkeit nur ihre Vorurteile ordnen“ hält der Hofnarr den Spiegel vor. Die Omnikompetenz, die Machtspiele, das schlechte Zuhören, die Ungeduld bei Veränderungsprozessen, gewisse Denkzwänge usw. könne durch den Hofnarren aufgedeckt werden. Wüthrich/Winter/Müller postulieren dabei nicht die Planstelle „Hofnarr“ für jedes Unternehmen, sondern die Bereitschaft sich quasi im ständigen „Austausch“ mit einer solchen Figur zu begeben.
Der Hofnarr ist quasi eine moralische Instanz der Vernunft. Er verweist auf die Verantwortung von Vorgesetzten, ihr Tun und Denken ständig zu überprüfen und ironisch zu brechen. Das Ergebnis ist der ökonomische Erfolg, weil Strategien wohlüberlegt geplant werden. Eine solche Strategie kann natürlich auch zur Entlassung von Mitarbeitern führen. Meist sind es die mittleren Führungskräfte, die dann den Mitarbeitern mitteilen müssen, dass sich das Unternehmen von ihnen trennen muss. Diese stehen dann allein mit ihrer Not, denn gerne erledigen sie diese Aufgabe nicht. Hier wird der Humor auch wieder zur fast moralischen Instanz. Führungskräfte müssen das mittlere Management mit Heiterkeit stützen, damit kein Galgenhumor und Zynismus entsteht. Diese Weisheit ist schon recht alt. Benedikt von Nursia, der Ordensgründer der Benediktiner, verlangte in seinen Regeln, dass der Vorgesetzte seinen Mitarbeitern Freude vermitteln soll, um sie zu stützen. Anselm Grün deutet diese Regel bei Benedikt so: „Entscheidend ist für Benedikt, dass der Verantwortliche keine Traurigkeit vermittelt, sondern Ruhe und Frieden, Freude und Lust am Leben.“ Humor im Unternehmen ist in dieser Sichtweise vor allem die Kultur des Umgangs miteinander. Und hierfür lassen sich nicht einfach einige Lachübungen machen und die Welt ist in Ordnung. Damit der Humor zur gelebten Kultur wird, bedarf es der Persönlichkeitsentwicklung, der Förderung heiterer Ansätze beim Einzelnen wie auch bei Teams. Hierfür können sich Führungskräfte sensibilisieren und das ist es, was Humorseminare bewirken können. Oder, um es ganz antik zu formulieren: „Ein Scherz, ein lachend Wort entscheidet oft die größten Sachen treffender und besser als Ernst und Schärfe“ (Horaz).
Dipl.-Psych. et Dipl.-Theol. Thomas Holtbernd
Literatur
-Grün, A. (1998). Menschen führen Leben wecken. Anregungen aus der Regel des heiligen Benedikt. Münsterschwarzach: Vier-Türme-Verlag.
-Holtbernd, T. (2003) Führungsfaktor Humor. Wie Sie und ihr Unternehmen davon profitieren können. Ueberreuter: Frankfurt.
-Malik, F. (2000). Führen Leisten Leben. Wirksames Management für eine neue Zeit. Stuttgart München: DVA.
-Wüthrich, H. A., Winter, W., Philipp, A. F. (2002). Die Rückkehr des Hofnarren. Einladung zur Reflexion nicht nur für Manager! 2. Aufl. Herrsching: Gellius.