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Spassmix

Autoren: Hans-Georg Lauer (Konrektor Wilhelm-Bläsig-Schule, Hegau-Jugendwerk, Gailingen)

Spaßmix macht Spaß im Hegau-Jugendwerk

Ein Humorkonzept an einer neurologischen Rehabilitationsklinik für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

Lachen ist gesund , Lachen ist die beste Medizin diese Volksweisheiten haben in den letzten Jahren wieder an Aktualität gewonnen. Die Gelotologie (Wissenschaft vom Lachen) belegt, welche positiven physiologischen, psychischen und sozialen Wirkungen Lachen hat und liefert damit Argumente für lachfürdernde Maßnahmen allüberall. Ebenso wurde festgestellt, dass in der Fun-Gesellschaft des 21. Jahrhunderts weitaus weniger gelacht wird als in den Fünfziger Jahren, ein Grund mehr, lachend aktiv zu werden.

Eine Konsequenz aus diesen Feststellungen sind zunehmende Versuche, aus den Einrichtungen, in denen Leid und Schmerz, Stress und Übellaune vorherrschen, Lebensräume zu schaffen, die Fröhlichkeit und Lachen zulassen. Im Hegau.Jugendwerk in Gailingen einer neurologischen Rehabilitationsklinik für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene entwickelt sich seit drei Jahren in kleinen Schritten ein Konzept, das Spaß und Abwechslung in den Klinikalltag für die neurologisch erkrankten Kinder und Jugendlichen bringen soll.

Es begann damit, dass 1998 die Geschäftsleitung die Teilnahme eines Mitarbeiters am Humor-Kongress in Arosa unterstützte. Impulse aus diesem Kongress regten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Betriebssport jonglierten, an, Ideen zu entwickeln, die den speziellen Erfordernissen einer Reha-Klinik für Kinder und Jugendliche gerecht werden sollten: Es entstand Spaßmix, ein buntes Konzept, das weiter ausgebaut werden soll.

Im Moment setzt sich die Initiative aus verschiedenen Elementen zusammen:

Spaßmix im Kinderhaus

Jeden Dienstag Abend führen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine halbe Stunde lang den Kindern des Kinderhauses etwas vor rein zum Spaß für die Kinder und meist auch für die zuschauenden Erwachsenen. Das Programm ist bunt, wechselt wöchentlich und wiederholt sich nach 6 8 Wochen in kleinen Varianten:

Die Märchentante graubehaart, Brille auf der Nase, sanfte Stimme, langes blaues Kleid liest den Kindern Märchen vor.

Jongleure lassen alles durch die Luft wirbeln, was fliegen kann und versetzen die Kinder in Staunen

Dem Zauberer OGI müssen die Kinder immer wieder mit Zaubersprüchen und Zauberpuste helfen, damit seine Tricks auch gelingen.

Der Clown GIGOLO bringt seine Spielzeugpuppen mit.

Beim Schattenspiel verfolgen die Kinder gespannt die Geschichte von der Prinzessin, die von wunderschönen Figuren vorgespielt wird.

Kasperle jagt das Krokodil im Rhein und am nächsten Tag steht es in der Zeitung.

Das Kamel Shiela zeigt seine unbeholfenen Kunststücke.

Mitmachlieder laden zum Mitsingen und Mitspielen ein.

Immer wieder kommen neue Programmpunkte hinzu. Den Kindern ist die Teilnahme selbstverständlich freigestellt; manche kommen regelmäßg, einige ziehen eine andere Freizeitbeschäftigung vor.

Spaßmix wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendwerks getragen; ein fester Stamm ist regelmäßig bereit, etwas zu bieten, andere stellen sich sporadisch zur Verfügung und bereichern damit das Angebot, das sich nach den Möglichkeiten und Fähigkeiten der einzelnen Akteure richtet.

Diese nicht immer spektakulären Aktionen bringen einen Farbtupfer mehr in die Woche. Dienstag ist Spaßmixtag. Therapeutische oder pädagogische Absichten werden nicht ausdrücklich genannt und verfolgt, wirken dennoch in jeder einzelnen Vorführung: natürlich wird dabei immer auch etwas gelernt, Gemeinschaft gefördert, Aufmerksamkeit trainiert, Kreativität angeregt usw. das wichtigste jedoch ist: Freude und Lachen sind positive Reaktionen, die den Rehabilitationsprozess unterstützen. Außerdem bietet das regelmäßge, immer zur selben Zeit stattfindende Programm Kindern, die auf Grund ihrer Hirnschädigung zeitlich, räumlich und personell desorientiert sind, eine gewisse Struktur im Wochenrhythmus.

Positive Äußerungen der Kinder und auch der teilnehmenden Erwachsenen (Angehörige wie Mitarbeiter) bestätigen die Akteure in ihrem Engagement und motivieren sie, weiter die über ihren eigentlichen Arbeitsbereich hinausgehenden Anstrengungen auf sich zu nehmen.

Spaßmixgruppe

Bei besonderen Anlässen wie Weihnachtsfeiern, Fasnacht, Betriebsfesten, Eröffnung der Projekttage treten Spaßmixakteure auf und bereichern die Feste mit ihren Kleinstkunstangeboten als Musiker, Clowns, Jongleure, Zauberer zuletzt beim Mitarbeiterfest anlässlich des 30jährigen Jubiläums des Hegau-Jugendwerkes.

Clown-Doktoren

Clown-Dokoren halten bei Kindern und Jugendlichen auf den Stationen Frührehabilitation und Frühmobilisation jede Woche ein Visite ab. Dr. Miraculi, Dr.Dr. Donatella, Dr. Lila Rosalie und Dr. Made Rote Socke bringen die Patienten mit ihrer lustigen Clownmedizin zum Lachen oder versuchen, mit ihren Späßen Reaktionen bei den oft sehr schwer behinderten Menschen zu entlocken. Jugendliche fühlen sich zuweilen nicht besonders von den Clowns und ihre Späßen angesprochen, in solchen Fällen ziehen sich die Clown-Doktoren zurück und besuchen jemand anderen. Meist sind die Reaktionen der Kinder und deren Mütter positiv dies zeigte sich deutlich bei Umfragen, die anlässlich einer Diplomarbeit angestellt wurden.

August Wiese

Bereist zum zweiten Mal fand in diesem Jahr die Aktion August Wiese statt: An jedem Arbeitstag im August wurde um die Mittagszeit auf der Wiese vor der Kantine ein kleines oder großes Spektakulum angeboten: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Rehabilitandinnen und Rehabilitanden und auch Angehörige gaben spontan oder langfristig geplant zum besten, was sie in ihrem Repertoire hatten: im vergangenem Jahr reichte das Spektrum vom Vortrag eines klassischen Barockgedichtes durch die Oma einer Patientin über die Tanzshow einer Rehabilitandengruppe bis zu orientalischen Märchen, Clownaktionen, gemeinsamen Spielen und vielem mehr.In diesem Jahr war die aktive Beteiligung jugendlicher Rehabilitanden erfreulich groß: es wurde Schlagzeug gespielt, ein Hörspiel mit selbstgetexteten Gruselgeschichten vorgetragen, Gruppenmemory gespielt usw…

Ziel dieser Sommeraktion war es, Menschen im Jugendwerk für kurze Zeit zu versammeln, ihnen Freude zu machen und sie ein paar Minuten vom Klinikalltag abschalten zu lassen.

Spaßmix für Eltern ist ein weiteres Modul, das angedacht ist: Eltern sollen gemeinsam bei Spielen, Jonglierkursen, Fantasiereisen u.a. Spaß haben ihre schwerbehinderten Kinder und Jugendliche können dabei zusehen.

Spaßmix ist nicht der Versuch, das ganze Jahr über Fasnacht in die Klinik zu bringen und jeden Tag mit bunten Socken und roten Nasen herumzulaufen oder herumzufahren. Spaßmix ist ein Teil in dem Bestreben, den neurologisch erkrankten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Wohlfühlklinik anzubieten, in der die Anstrengungen in Therapie und Unterricht mit entspannenden Angeboten ausgeglichen werden. Dasselbe Ziel richtet sich auch an Angehörige und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Spaßmix ist in der Reihe mit anderen außertherapeutischen Angeboten des Hegau-Jugendwerks zu sehen: mit den 3 Galerien, den Projekttagen, der Patientenzeitung PATZ, Einzelaktionen der Freizeitpädagogen (Konzerte, Ausflüge) usw.

Der Erfolg einer solchen Initiative wie Spaßmix, die (noch) außerhalb des klassischen Aufgabengebietes einer Klinik steht, hängt von zwei Faktoren ab: dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Unterstützung durch die Geschäftsführung. Beides ist im Hegau-Jugendwerk gegeben: Die Geschäftsleitung gesteht den Mitarbeitern für Clownvisiten und Spaßmix im Kinderhaus für einen Teil des Engagements Arbeitszeit zu und ermöglicht den Amateuren Fortbildungen und die Teilnahme an Treffen und Kongressen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen Freizeit und Energie ein, um eine Idee, die einen wichtigen Beitrag zur Klinikkultur leistet, umzusetzen. Die gemeinsamen Aktivitäten wirken sich auch positiv auf die Zusammenarbeit aus: in der Spaßmixgruppe sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen vertreten, in deren interdisziplinäer Zusammenarbeit im Berufsalltag sich die banale Weisheit bestätigt: Wer gemeinsam Spaß macht und gemeinsam Spaß hat kann besser zusammen arbeiten.

Hans-Georg Lauer
Konrektor
Wilhelm-Bläsig-Schule, Hegau-Jugendwerk, Gailingen

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