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Methode Clown

Autoren: Sigrid Karnath

Humor in der Pädagogik

Sigrid Karnath ist Diplom Sozialpädagogin, Schauspielerin, Regisseurin und nicht zuletzt eine bekannte Clownin. Sie ist Gründerin und Leiterin des Heidesheimer Instituts für Clownpäsagogik.

Methode: Clown

Ich gehe in meiner Arbeit von der These aus, dass der Clown eine kulturhistorische Figur, ein Archetypus ist, der in jeder menschlichen Kultur seinen Platz eingenommen hat und natürlich auch heute noch einnimmt.
Es ist eine Rolle die im Tarot mit der Zahl Null beschrieben wird.
Die Karte des Narren hat im Kreis des großen Arkanum die Null, das ist die Neutralität schlechthin.
Die Null ist weder plus noch Minus, noch hat sie ein Oben oder Unten. Der Clown oder Narr ist der, der dazwischen ist. Zwischen König und Volk, Klerus und Ungläubigen, Mächtigen und Ohnmächtigen, zwischen den Welten, der realen und der irrealen. Der Helfer des Schamanen und gleichzeitig sein Verhöhner. Er sitzt auf dem Zaun und feixt sich eins.
Diese Stellung prädestiniert ihn zu allen nur erdenklichen Interventionen. Er ist niemanden verpflichtet, keinem Herren, keiner Idee, keiner Religion. Und er lebt in der Nullzeit der Gegenwart. Weder Zukunft noch Vergangenheit hemmen sein handeln. Im Gegensatz zum Pädagogen ist er nicht in erster Linie ein Denkender, sondern ein Handelnder.
Während ein Pädagoge noch darüber nachgrübelt an welcher Neurose das Kind leidet, das sich seit 10 Minuten wie ein Derwisch im Kreis dreht, geht der Clown hin und dreht sich auch. Im Jetzt verhaftet, sieht er, wie die Welt zu einem Karussell aus hüpfenden Farben und Linien wird, sich der Körper zentriert und eine Verbindung zwischen Erde und Himmel bekommt. Die Fliegkräfte bestimmen den Körper und ein wunderbares Schwindelgefühl setzt ein, wenn man sich johlend auf den Boden fallen lässt.
Der Clown geht davon aus, das er nicht kompetent ist, aber er tut sein bestes, um eine Aufgabe zu lösen ( z. B. einen Liegestuhl aufzustellen ). Er ist das Scheitern gewohnt, die Krise ist sein täglich Brot und er meidet sie nicht, das hätte sowieso keinen Sinn. Der Clown hat gelernt die Krise zu lieben. Denn die Krise, das ist der Moment, wo alles zu spüren und alles zu sehen ist. Alles löst sich auf, das ganze schöne Konzept der Selbstdarstellung, die Fassade bröckelt und sie ist nicht aufrecht zu erhalten. Die Krise ist der ideale Platz zur Transformation in etwas Anderes und das Lachen über sich selbst oder mit sich selber ist das Transportmittel.

Und was, bitte schön, hat das alles mit Pädagogik zu tun?
Die Verknüpfung der beiden Begrifflichkeiten Clown und Pädagogik zum Unwort Clownpädagogik, hat zu meinem erstaunen nicht nur wohlwollendes Interesse, sondern auch kreischende Aufschreie aus beiden Lagern hervorgerufen. Die Clowns verbitten sich, mit dem Feindbild aller schulgeschädigten Kinder in einem Atemzug genannt zu werden und die Pädagogen verwehren sich dagegen, dass der edle Wilde in die Niederungen der Lehrerzimmer herabgezogen wird.
Die tiefe Sehnsucht noch dem Schönen, Wahren, Guten verwehrt den Blick auf das, was auf der Hand liegt. Wer ist derjenige, der immer zwischen den Stühlen sitzt ?

Ich nerve meine Clownstudenten gerne mit Schreibspielen, in denen sie in 2 Minuten in Stichworten Fragen beantworten sollen.

Auf die Frage: Was haben Clowns und Sozialarbeiter gemeinsam, bekam ich die folgenden Antworten:

Mitgefühl

Eine unkontrollierbare Situation kontrollieren wollen ( und zwar die ganze Zeit über )

Konzentration

Überforderung + Scheitern

Fixiert (Sozialarbeiter auf Schützling; Clown auf Objekt)

Neugier

Faszination beim Entdecken einer anderen Welt

Sie sind lächerlich

Sind egozentrisch und können das nicht verstecken, auch wenn sie sich das fest vornehmen

Ordnung und Chaos

Reden viel und das wahrscheinlich, um dem Geräusch ihrer Stimme zu lauschen

Tauchen in andere Systeme ein

Sie vermitteln beide eine andere Sicht

Penetranz

Plappern

Wiederholung der gleichen Sätze oder Angewohnheiten

Ein eigenes besonderes Weltbild

Es steckt mehr hinter ihrer Arbeit als man denkt

Sie betreiben maximalen Aufwand für ein minimales Ergebnis.

Lebensfreude

Müssen viel Fantasie aufbringen, um zum Ziel zu kommen.

Sie verdienen nicht besonders gut

Sie tragen bescheuerte Klamotten

Der Blick und die Wahrnehmung des Clowns ermöglicht, Dinge und Situationen in ihrem
So Sein zu sehen, zu fühlen, zu hören und letztendlich zu verstehen. Seine gesellschaftliche und soziale Position ähnelt dem Pädagogen oder Sozialarbeiter zum Teil frappant und doch eröffnet sich dem Clown in seiner speziellen Stellung eine ganz andere Bandbreite an Möglichkeiten. Er ist kein Erzieher mit Machtbefugnissen, kein Besserwisser und Problembeweltiger. Er hat die Freiheit dumm und konzeptlos zu sein und auf diese Weise seinen unverstellten Blick benutzen zu können.
Ein Pädagoge, der die Möglichkeit hat, sich mit dem Wesen seines eigenen inneren Clowns zu verbinden, kann das Hier und Jetzt einer Situation wieder sehen und wirken lassen.

Kongresse sind gut, um Erfahrungen und Ergebnisse auszutauschen, aber die Praxis findet eben nur in der Praxis statt.
Improvisation, Spiel, Imitation, wohlwollende Betrachtung, emotionale Intelligenz und Spielfreude sind in der konkreten Clownsarbeit erlebbar und erfahrbar.
Aus diesem Grund habe ich das Institut für Clownpädagogik ins Leben gerufen. Ein Ort, in dem Laien aus sozialen Berufen ihrem eigenen Clown begegnen können, um von ihm zu lernen und mit seinen Augen sehen zu können.
Mein Engagement entspringt aus meiner Berufspraxis als Clownin, Sozialpädagogin und Lehrerin für Clowns in der Profiausbildung.
Seit 5 Jahren sammele ich Erfahrung in der praktischen Clownsarbeit mit Sozialarbeitern, Pädagogen, Erziehern, Ärzten und Therapeuten und wir alle spüren wie die heilsame Kraft des Lachens die Vitalität zurückbringt.
Dem eigenen Clown auf der Spur pirschen wir an uns selber an.
Ein praktischer Einstieg in die Methode Clown.

Das Institut für Clownpädagogik widmet sich der praktischen und theoretischen Erforschung der Clownsarbeit im gesellschaftlichen Kontext.
Die Neugierde auf das Leben, die Lust am Experiment und am Scheitern sind sein Motor und Elixier.
Ein Clown macht keine halben Sachen, er lebt 1:1 !

Die berufsbegleitende Fortbildung Clownpädagogik umfasst 6 Wochenend-seminare und 2 Intensivwochen. Ziel der Fortbildung ist es, den TeilnehmerInnen praktische und theoretische Kompetenzen zu vermitteln, die es ihnen ermöglicht in sozialpädagogischen / therapeutischen Zusammenhängen mit Clownsprinzipien zu arbeiten. Eine wesentliche Rolle spielt in dieser Fortbildung das unmittelbare Erfahren des eigenen Clowns. Ihm mit Vertrauen die Führung zu übergeben, seiner Intuition zu folgen und die ursprüngliche Kraft und Vitalität des kreativen Prozesses am und im eigenen Körper zu erleben.

Sigrid Karnath
www.clownpaedagogik.de

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