Beatrice Rutishauser ist Lehrerin und Kinderbuchautorin (ihre Bücher erscheinen im Verlag der Kooperative Dörnau). Sie betreut Schulprojekte im Kosovo und Rumänien (Spenden bei ACACIA Fond für Entwicklungszusammenarbeit zu Gunsten von Kosovo) Frau Rutishauser hat auch die Ausbildung zur Humorberaterin absolviert und steht im Kontakt mit dem Verein Lachen und Helfen (http://www.lachen-helfen.de).
Lachen hilft auf verschiedenen Wegen
Als ich das erste Mal nach dem Krieg in den Kosovo reiste, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich es fröhlicher haben würde als in der schönen Schweiz. Es war Dezember und sehr kalt. Als ich Fatmire in Prishtina zum ersten Mal begegnete, war der Strom in der Stadt gerade abgestellt worden. Eine Kerze stand auf dem Tisch des Kaffees, und zu trinken gab es auch nichts Warmes. Die Kinder, die Fatmire zusammen mit ihrer Schwester Florjie im improvisierten Kindergarten betreute, hatten 6 Holzkühe zum Spielen und ein paar wenige Puppen und Stofftiere. Das war alles.
Während meiner Gänge durch die Stadt traf ich unzählige Kinder, die aus Abfall Spielsachen formten und diese für ihre Bedürfnisse einsetzten. Da war die Plastikflaschenrutschbahn, die von einem Erdhügel steil den Hang hinunter führte. Dort die Tonfiguren, geformt aus dem Lehm einer Pfütze. Müllfußball, Büchsen werfen, Pflastersteine, die zu Puppenhausgrundrissen wurden für nackte Puppen. Das Kinderlachen tönte weit. Ich staunte über die Phantasie dieser Kinder.
Im Kindergarten und in den Englischstunden der Oases Initiative wurde ebenfalls gelacht, weil viel improvisiert werden musste. Die Kinder zeigten uns Lehrern, was ihnen Erleichterung in einem harten Alltag bringt, was ihre seelischen Wunden lindern kann.
Grosse ernste Kinderaugen schauen uns an: Die Kleinen verkaufen Zigaretten oder betteln gar. Da war das Lachen weit weg, weil der Hunger drückt.
Im Laufe der Zeit wurde ich mutiger, nicht nur, um mit den Kindern zu spielen, sondern auch, um mit meiner roten Nase zu agieren. So entstand manche Straßenaktion, die mit schallendem Gelächter endete, weil meistens mein Lippenstift dann so manch andere rote Nase gemalt hatte. Mehr brauchte es nicht.
Die Clowns besuchen immer wieder die Stadt. So waren sie unmittelbar nach dem Krieg im Zentrum der Aufmerksamkeit für Mutter und Kind. Aber dann mussten sie weiterreisen. Zurück blieb die Idee, irgendwann auch einmal einen Spitalclown in Prishtina zu haben. Erste Kontakte sind geknüpft und sollen in den nächsten Monaten verwirklicht werden.
Das Lachen war ein Kontrast zu der tristen Umgebung, zu den Erzählungen der Menschen, den Baustellen, den täglichen Sorgen um Essen und Arbeit. Das Ventil, den Druck des Lebens erträglicher zu machen, kennen viele. Da höre ich Witze wie diesen: Kennen Sie die Nationalhymne des Kosovo? Nicht?! Sie ertönt wirklich sehr häufig, alle paar Stunden…. ach ja, Generatorenmusik! Witze erleichtern das Leben, das haben mir viele Erwachsene erzählt, auch die Entwicklungshelfer, die immer wieder merken müssen, dass Helfen gar nicht einfach ist. So haben sie zum Beispiel am Eingang zum Caritas Büro das Schild angebracht Bitte Waffen entsichern.
Wichtige Arbeit leistet das Militär. Nicht nur für die Sicherheit, auch im sozialen Leben. Sei es weil Truppen Bauaufträge ausführen oder Hilfsgüter verteilen. Die sozialen Aufträge helfen mir, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, um dann die militärischen Aufgaben besser ausführen zu können. Die Jeeps der Soldaten erreichen die hintersten Winkel des Landes und sind gewappnet, auch schwierigste Situationen zu klären. Eine Initiative der deutschen KFOR-Truppen heißt Lachen und Helfen und verteilt gespendete Hilfsgüter, an Notleidende und Benachteiligte. Und sie bringen so das Lachen zurück! Die Kinder kennen das Signet, da immer auch Stofftiere im grünen Jeep mitfahren und verteilt werden. Freude bringen, indem Hilfsgüter mit Fröhlichkeit verteilt werden, das ist ein Ziel von Lachen und Helfen.Es ist ein schwieriger Job, die Not den ganzen Tag um sich zu sehen und das Lachen dabei nicht zu verlieren!
Das Lachen ist eine Kraft, die wie der Löwenzahn sich durch den härtesten Beton bricht. So nützt es den Helfern und den Bittenden und bildet die Brücke zum Anderen. Lachen wird so zu Sprache. Das Heilmittel Lachen hilft dem Helfer und dem Beschenkten gleicherweise.
Ich dachte so manches Mal, wir haben die materiellen Güter im Überfluss und haben doch das Lachen verloren! Im Kosovo, wo ich die letzten 3 Jahre regelmäßig hingeflogen bin, um zwei Kindergärten zu betreuen, sind die materiellen Güter rar, dafür erklingt das Lachen auf der Straße. Schenken wir unsere Güter Lachen und Helfen, damit diese in Krisengebieten verteilt werden können. Und lernen wir die Kraft der unperfekten Improvisation wieder neu in uns zu entdecken!
Beatrice Rutishauser